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Wärmebehandlung von EisenwerkstoffenDefinition nach DIN EN 10052: "Die Wärmebehandlung ist ein Vorgang, in dessen Verlauf ein Werkstück oder ein Bereich eines Werkstückes absichtlich Temperatur-Zeit-Folgen und/oder chemischen Einwirkungen ausgesetzt wird, um ihm Eigenschaften zu verleihen, die für seine Weiterverarbeitung oder Verwendung erforderlich sind." Vor allem die Härte, die Festigkeit und die Bearbeitbarkeit lassen sich durch eine Wärmebehandlung verbessern. Der Grund dafür sind Veränderungen im Gefüge der Werkstoffe. Übersicht: Gefügearten von Eisenwerkstoffen Gefügearten von EisenwerkstoffenStahl und Gusseisen erhalten bei ihrer Herstellung einen gewissen Gehalt von Kohlenstoff. Dieser Kohlenstoffgehalt ist massgebend für die Wärmebehandlung. Unlegierte Eisenwerkstoffe haben nach langsamer Abkühlung je nach Kohlenstoffgehalt unterschiedliche Gefügearten:
Werden Eisenwerkstoffe über 723°C hinaus erwärmt, treten noch andere Gefügearten auf. Eine Übersicht darüber gibt das Eisen-Kohlenstoff-Diagramm (kurz FeC-Diagramm). Es gilt nur für unlegierte Eisenwerkstoffe. ![]() Für eine grössere Ansicht auf das Bild klicken Kristallgitter und Gefüge bei ErwärmungAlle Metalle haben in festem Zustand ein bestimmtes Kristallgitter. Dieses kann sich verändern, es bleibt allerdings innerhalb bestimmter Temperaturen konstant. Reines EisenFerrit oder a-Eisen (Alpha-Eisen) bildet bei Raumtemperatur einen kubisch-raumzentrierten (krz) Kristallwürfel aus 9 Eisenatomen. Ferrit ist magnetisierbar. Ab 911°C bildet Eisen einen kubisch-flächenzentrierten (kfz) Kristallwürfel aus 14 Eisenatomen. Es heisst nun Austenit oder y-Eisen (Gamma-Eisen). Austenit ist weich, zäh, nicht magnetisierbar und bildet spitzeckige Körner. Stahl mit 0,8% Kohlenstoff (Perlit)Bei Raumtemperatur ist das Kristallgitter gleich wie bei a-Eisen. Jedoch ist hier das Kohlenstoffatom an 3 Eisenatome gebunden. Die Umwandlung in a-Eisen erfolgt aber unter Einwirkung des Kohlenstoffes schon bei 723 °C. Stahl mit weniger als 0,8% KohlenstoffIm Gegensatz zum Perlit-Gefüge vollzieht sich die Gefügeumwandlung beim Ferrit-Perlit-Gefüge mit 723°C nicht vollständig. Nur der Perlit-Anteil wandelt sich sofort in Austenit um. Der Ferrit wandelt sich Gemäss dem Dreieck P-S-G des FeC-Diagramms nur allmählich in Austenit um. Stahl mit mehr als 0,8% KohlenstoffAuch beim Perlit-Zementit-Gefüge wandelt sich bei 723°C nur der Perlit-Anteil sofort um. Der Korngrenzenzementit wandelt sich zwischen der S-K und der S-E-Linie mit steigender Temperatur langsam in Austenit um. Vergleich der Wärmebehandlungsverfahren
Bei hohen Temperaturen muss mit Schutzgas gearbeitet werden, damit keine Hochtemperaturkorrosion (Verzunderung) (Korrosion) auftritt. Glühen von StahlDefinition: Langsames Erwärmen und Halten auf entsprechender Glühtemperatur mit nachfolgendem langsamen Abkühlen. Die Glühdauer richtet sich nach der Werkstückgrösse und dem Glühverfahren. ![]() SpannungsarmglühenAusgleichen und abbauen von Eigenspannungen ohne Gefügeumklappung. Die Glühtemperatur liegt bei 550 - 650 °C, die Glühdauer beträgt 1 bis 2 Stunden. RekristallisationsglühenDurch Kaltverformung wird das Kristallgitter gequetscht, und das Material versprödet. Zwischen 500 - 700°C beginnen neue Kristalle aus den intakten Keimen zu wachsen. Eine höhere Temperatur ergibt ein grösseres Korn. Das Glühen dauert mehrere Stunden. WeichglühenDurch Weichglühen wandeln sich der Streifenzementit und ein Teil des Korngrenzenzementits in kleine Zementitkügelchen um. NormalglühenNormalglühen ist ein kurzzeitiges Glühen knapp über der G-S-K-Linie. Bei der dabei auftretenden Kornneubildung entsteht ein feines, gleichmässiges Gefüge. GrobkornglühenDas Grobkornglühen ist ein Normalglühen bei überhöhter Temperatur (ca. 950 - 1000°C), mit zweckentsprechender Abkühlung zur Erreichung eines gröberen Korns. Nach der zerspanenden Bearbeitung wird im Allgemeinen wieder eine Kornverfeinerung durch Normalglühen herbeigeführt. DiffusionsglühenLangzeitiges Glühen bei Temperaturen um 1000 - 1250°C) mit langer Haltedauer (bis zu 50 Stunden). Härten von StahlDefinition: Erwärmen und Halten auf entsprechender Härtetemperatur (Austenitbildung) mit nachfolgendem schnellem Abschrecken (Martensitbildung). Durch Härten können Härte und Festigkeit auf Kosten der Zähigkeit gesteigert werden. Gittervorgänge beim HärtenKühlt man Austenit langsam ab, so klappt das Kristallgitter wieder in ein raumzentriertes Gitter um, und das C-Atom verlässt die Würfelmitte. Erfolgt die Abkühlung jedoch überaus schnell (Abschrecken), so wird in sehr kurzer Zeit ein raumzentriertes Eisengitter gebildet. Den Kohlenstoffatomen bleibt deshalb nicht genügend Zeit, aus dem Gitterwürfel herauszuwandern und Zementit zu bilden. Das festgehaltene Kohlenstoffatom im raumzentrierten Gitter verspannt das Kristallgitter. Diese Verspannung führt zur Bildung eines feinnadeligen, sehr harten Gefüges, dem Martensit. Stahl mit weniger als 0,2% Kohlenstoff ist nicht härtbar, weil ein zu geringer Martensitanteil gebildet wird. ErwärmenZum Härten erwärmt man unlegierte Stähle etwa 30 - 60°C über die G-S-K-Linie im FeC-Diagramm, damit der Perlit sicher in Austenit umgewandelt werden kann. Die Härtetemperatur von legierten Stählen ist höher als von unlegierten und kann auf Normblättern abgelesen werden. Halten auf HärtetemperaturDurch das Halten auf Härtetemperatur wird erreicht, dass das Gefüge über den ganzen Querschnitt des Werkstücks umgewandelt wird. Je grösser der Querschnitt, je länger die Haltedauer. Bei legierten Stählen ist die Haltedauer länger als bei unlegierten. AbschreckenAbschrecken bedeutet Abkühlen eines Werkstücks mit grösserer Geschwindigkeit als an ruhender Luft. Das geschieht durch schnelles Eintauchen in Wasser, Öl oder an bewegter Luft. Unlegierte Stähle sind Wasserhärter, niedrig legierte Stähle Ölhärter und hoch legierte Stähle Lufthärter. Beim Abschrecken sind die Form, die Haltung des Werkstücks beim Eintauchen und seine Bewegungen in der Abschreckflüssigkeit von entscheidender Bedeutung. Am Werkstück haftende, sowie in Löchern eingeschlossene Dampfblasen wirken wärmeisolierend und verhindern das rasche Abkühlen. Das Werkstück bleibt an diesen Stellen weich. Durch Bewegen wird das Werkstück stets mit frischer Abschreckflüssigkeit in Berührung gebracht und dadurch gleichmässig abgekühlt und gehärtet. Beim Eintauchen gilt:
Nach dem Abschrecken ist der Stahl sehr spröde. Er muss deshalb angelassen werden. Einhärtungstiefe von unlegierten StählenBeim Abschrecken wird die Wärme in der Randschicht des Werkstücks schneller abgeleitet als im Inneren des Werkstückes. Aufgrund der unterschiedlichen Abkühlungsgeschwindigkeiten bilden sich unterschiedliche Gefüge, das Werkstück wird nicht an allen Stellen gleich hart. Härten der RandzoneDefinition: Beim Härten der Randzone wird die Randzone des Werkstücks gehärtet, während der Kern zäh bleibt. Dieses Verfahren wird zum Beispiel bei Zahnrädern, Bolzen, Gleitbahnen, Kolben und mechanisch hochbeanspruchten Wellen eingesetzt. EinsatzhärtenBeim Einsatzhärten wird die Randschicht eines kohlenstoffarmen Stahls (weniger als 0.2% C) aufgekohlt und anschliessend gehärtet. Die zu härtenden Teile werden dabei in einen Stahlkasten eingebettet, der mit kleinen Kohlekörnern gefüllt ist. Der Kasten wird verschlossen und in einen Ofen geschoben. Dort werden die Werkstücke bei ca. 900°C einige Stunden lang geglüht. Die Kohlenstoffatome dringen dabei in die Randschicht ein. Die so mit Kohlenstoff angereicherte Randzone kann nun gehärtet werden. Neben dem soeben beschriebenen Pulveraufkohlen kommen auch noch Salzbadaufkohlen und Gasaufkohlen zum Einsatz. RandschichthärtenDie Randzone eines härtbaren Stahls (mehr als 0.2% C) wird rasch erwärmt und anschliessend sofort wider abgeschreckt. Durch die schnelle Erwärmung kommt nur die Aussenschicht eines Werkstücks auf Härtetemperatur, der Kern bleibt weich. Beim Flammhärten erwärmt man die Randschicht des Werkstücks mit einer Leuchtgas oder Acetylen-/Sauerstoffflamme in sehr kurzer Zeit auf Härtetemperatur. Noch bevor die Wärme ins innere des Werkstücks eindringen kann, wird mit Werkstückgerecht geformten Brausen abgeschreckt. Die tiefe der gehärteten Randschicht hängt von der Dauer der Flammeinwirkung ab. Beim Induktionshärten werden die Werkstücke mit hochfrequentem Wechselstrom erwärmt. Nach dem Erwärmen der Aussenschicht schreckt man das Werkstück im Wasser- oder Ölbad ab. Bei automatisierten Induktionshärteanlagen besorgt eine mit Druckwasser betriebene Brause die Abschreckung unmittelbar nach der Erwärmung. NitrierenDurch Nitrieren (Zuführen von Stickstoff) lässt man Stickstoff in die Randschicht des Stahls Das Salzbadnitrieren ist ein Nitrieren in zyanhaltigen Salzbädern. Die Werkstücke werden vorgewärmt in das auf 500 - 550°C erwärmte Bad gebracht, und bleiben dort 10 bis 90 Minuten. Anschliessend werden sie an ruhender Luft abgekühlt und zuletzt im Wasser gespült. Beim Gasnitrieren werden die Werkstücke in einem gasdichten Glühofen bei 500 bis 520°C in einer Ammoniakatmosphäre 12 bis 96 Stunden geglüht. Sollen einzelne Stellen des Werkstücks nicht gehärtet werden, verzinnt man sie oder deckt sie mit Paste ab. AnlassenDefinition: Durch Anlassen werden Sprödigkeit und innere Spannungen von gehärtetem Stahl auf Kosten der Härte abgebaut. Beim Anlassen erwärmt man das Bauteil auf 200 bis 350°C (unlegierte und niedrig legierte Stähle) bzw. auf 500 bis 650°C (hochlegierte Stähle) und kühlt es nach mindestens einer Stunde wieder auf Raumtemperatur ab. Die Abkühlung muss langsam erfolgen. Das Anlassen in einem Ofen nennt man Anlassen von aussen. Andere Verfahren zum Anlassen von aussen sind das Erwärmen im Salzbad, auf glühender Platte oder glühendem Dorn sowie an der Flamme eines Brenners. Beim Anlassen von innen kommt die Wärme aus dem beim Abschrecken nicht völlig abgekühlten Werkstückkern oder aus nicht abgeschreckten Werkstückbereichen. So taucht man z.B. beim Härten eines Meissels nur die Schneide in das Abschreckbad, da nur sie gehärtet werden soll. Der nicht abgeschreckte Schaft behält noch so viel Wärme, um die Schneide wieder auf die Anlasstemperatur zu erwärmen. Beim Anlassen bilden sich auf blanken Werkstückoberflächen typische Farben, die so genannten Anlassfarben. Sie können, falls keine Temperaturmessgeräte vorhanden sind, zum Abschätzen der Anlasstemperatur benutzt werden. VergütenDefinition: Vergüten ist ein Härten mit hohem Anlassen. Durch Vergüten erhalten Eisenwerkstoffe eine höhere Festigkeit bei gleichzeitig verbesserter Zähigkeit. Vergüten ist Härten mit nachfolgendem Anlassen auf so hohe Temperaturen (über 723°C-Linie), dass eine Gefügeveränderung im Werkstoff eintritt und damit hohe Festigkeit bei guter Zähigkeit erreicht wird. Dazu wird der Stahl auf 820 - 900°C erwärmt, in Wasser oder Öl abgeschreckt und anschliessend bei Temperaturen von 530 - 670°C angelassen. Um Anlasssprödigkeit zu vermeiden, kann danach erneut abgeschreckt werden. Zwischenstufenvergüten ist eine besondere Art des Vergütens, bei dem Zwischenstufengefüge gebildet werden. Dabei wird das Werkstück mit Härtetemperatur in einem Salzbad auf eine Zwischentemperatur abgeschreckt, dort gehalten und dann an der Luft abgekühlt. Anwendung: Hochbeanspruchte Maschinenteile wie Achsen, Kurbelwellen, Pleuelstangen. Wärmebehandlung von GusseisenGlühen von GusseisenDas Glühen von Gusseisen dient der Erzeugung gewünschter Gefüge. Wird Grauguss (Gusseisen mit Lamellengraphit) in Kokillen gegossen, erhält man Gussstücke, die eine glättere Oberfläche als Sandguss haben und wesentlich masshaltiger sind als diese. Durch die Abschreckwirkung in der Kokille kann sich jedoch nur wenig Graphit ausscheiden. Der meiste Kohlenstoff bleibt als Eisenkarbid gebunden und erzeugt einen harten, schlecht bearbeitbaren und wenig schwingungsdämpfenden Gusswerkstoff. Um nachträglich die Ausscheidung des Graphits zu erreichen, werden die Werkstücke nach dem Erstarren in der Kokille, in einem Glühofen geglüht. Sphäroguss (Gusseisen mit Kugelgraphit) kann durch glühen zäher gemacht werden. Durch die Glühbehandlung scheidet sich aus der ferritisch-perlitischen Grundmasse weiterer Kohlenstoff aus, so dass ein Gusswerkstoff mit überwiegend ferritischer Grundmasse entsteht. Zur Herstellung von weissem Temperguss soll dem Rohgussstück an der Oberfläche Kohlenstoff entzogen werden. Dazu glüht man es bei 900 - 1050°C in kohlenstoffentziehenden Mitteln und erhält eine kohlenstoffarme Randschicht mit den Eigenschaften zähen Stahls. Zur Erzeugung schwarzem Temperguss werden die Gusstücke unter Luftabschluss bei 800 - 900°C geglüht. Dadurch zerfällt der im Gusseisen enthaltene Zementit in Ferrit und Temperkohle, was eine Verbesserung der Zähigkeit des Gusseisens zur Folge hat. Härten und Vergüten von GusseisenSphäroguss, Temperguss und Stahlguss können gehärtet und vergütet werden. Grauguss kann nicht gehärtet werden. Gusseisen besteht aus einer Eisen - Grundmasse und ausgeschiedenem Graphit. Diese Grundmasse kann ferritisch, ferritisch-perlitisch oder perlitisch sein. Für das Härten bzw. Vergüten des Gusseisens gilt das gleiche wie bei Stählen mit entsprechendem Gefüge. Gusseisen mit ferritischer Grundmasse lässt sich nicht härten und vergüten, Gusseisen mit ferritisch-perlitischer Grundmasse oder perlitischer Grundmasse ist härt- und vergütbar. Stahlguss, der von der Zusammensetzung her ein Stahlwerkstoff ist, wird wie Stahl gehärtet und vergütet. Zur Verminderung des Verschleisses, z.B. bei Führungsbahnen von Werkzeugmaschinen, können Werkstücke aus geeigneten Gusseisenarten durch Flammhärten oder Induktionshärten randschichtgehärtet werden. |
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